Der große Schock von '85: Als Glykol den Wein vergiftete und die Welt in Aufruhr versetzte! Meine Reihe "Zeitzeugen"
Der große Schock von '85: Als Glykol den Wein vergiftete und die Welt in Aufruhr versetzte – Die nackten Zahlen des Schreckens und der Erholung
Hallo, liebe Weinfreunde und solche, die wissen, dass auch in der edlen Welt des Weines mal ordentlich was danebengehen kann! Detlev, euer Weinflüsterer, nimmt euch heute mit auf eine Zeitreise in ein Jahr, das die Weinwelt für immer verändert hat: 1985. Am 9. Juli 1985 platzte eine Bombe, die bis heute nachhallt: der Glykol-Skandal. Ein Ereignis, das die Branche in ihren Grundfesten erschütterte und für massive Schlagzeilen sorgte.
Was genau geschah da eigentlich? Die süße Versuchung und ihre bitteren Folgen
Stellt euch vor, Winzer wollten ihren Weinen, besonders den trockenen, die in manchen Jahrgängen etwas dünn geraten waren, mehr Süße, Fülle und "Körper" verleihen. Und da kam das Glykol ins Spiel. Genauer gesagt: Diethylenglykol (DEG). Das ist ein chemischer Stoff, der eigentlich in Frostschutzmitteln und Bremsflüssigkeiten verwendet wird – und süß schmeckt! Ja, ihr habt richtig gehört: Frostschutzmittel im Wein! 😱
Technisch gesehen, was haben die Winzer damals angestellt? Manche Winzer in Österreich (und später stellte sich heraus, auch einige in Deutschland, wenn auch in viel geringerem Maße) begannen, ihren Weinen heimlich Diethylenglykol beizumischen. Das Zeug ist farb- und geruchlos, aber eben süß und viskos. Dadurch wirkten dünne Weine auf einmal vollmundiger und süßer, was sie – aus kommerzieller Sicht – attraktiver machte, vor allem auf dem Exportmarkt. Es war eine bewusste und kriminelle Manipulation, um die Qualität zu verschleiern und mehr Gewinn zu machen.
Wie kam es ans Licht? Der Skandal flog auf, weil ein italienischer Weinhändler Misstrauen hegte. Er untersuchte österreichische Weine, die er einkaufte, und stieß auf Ungereimtheiten. Schnell schalteten sich die Behörden ein, und durch Gaschromatografie-Massenspektrometrie konnte das Glykol nachgewiesen werden. Von da an ging es Schlag auf Schlag.
Die Reaktionen: Panik, Boykott und ein Erdbeben für die Branche – Die Zahlen des Absturzes
Als die Nachricht vom Glykol im Wein die Runde machte, war das ein Schock! Die Reaktionen waren massiv und global. Das Vertrauen der Verbraucher war auf null gesunken. Wer wollte schon Frostschutzmittel trinken?
Besonders Österreich traf es mit voller Wucht, da die meisten Fälle dort entdeckt wurden.
Der österreichische Weinexport brach quasi über Nacht zusammen. Man spricht hier von einem Rückgang von bis zu 95%! Millionen Liter verfälschter oder gepanschter Wein wurden beschlagnahmt, und Supermärkte räumten weltweit die Regale.
Für Deutschland waren die direkten Einbrüche im Export ebenfalls spürbar. Obwohl deutsche Weine nur in geringerem Umfang betroffen waren (da auch einige deutsche Abfüller österreichischen Glykolwein verschnitten hatten), litt das Image massiv. Der gesamte deutsche Weinexport sank von etwa 500 Millionen Mark im Jahr 1985 auf nur noch 400 Millionen Mark im Jahr 1986. Ein Rückgang von 20%!
Ein Frankfurter Meinungstest zeigte damals, dass 42% der Befragten ihr Konsumverhalten änderten, und 50% dieser Wechsler wollten "bestimmt keinen Wein mehr aus Österreich" trinken.
Viele Winzer standen vor dem Ruin, obwohl die Mehrheit von ihnen sauber arbeitete. Der Ruf des gesamten deutschen und österreichischen Weines war schwer beschädigt. Man sprach vom "Glykol-Wein" als Synonym für Betrug.
Was passierte im Nachhinein? Aufräumen, Regeln verschärfen, Vertrauen zurückgewinnen – Der lange Weg nach oben
Der Glykol-Skandal war ein bitterer, aber auch ein notwendiger Weckruf. Im Nachhinein passierte extrem viel, um solche Manipulationen zukünftig unmöglich zu machen und das Vertrauen der Verbraucher zurückzugewinnen:
Verschärfung der Weingesetze: Sowohl in Deutschland als auch in Österreich und der gesamten EU wurden die Weingesetze drastisch verschärft. Die Kontrollen wurden massiv ausgebaut.
Lückenlose Analytik: Moderne Analysetechniken, wie die Isotopenanalyse, wurden eingeführt. Damit lässt sich heute genau nachvollziehen, woher ein Wein kommt und und ob er manipuliert wurde. Die Kontrollen sind heute so engmaschig, dass solche kriminellen Machenschaften kaum noch eine Chance hätten.
Herkunftsschutz und Qualitätssiegel: Die Bedeutung von geschützten Herkunftsbezeichnungen (wie z.B. DAC in Österreich oder VDP in Deutschland) stieg enorm. Qualitätssiegel und eine transparente Kennzeichnung wurden Standard.
Qualitätsoffensive der Winzer: Viele Winzer, die unschuldig in Verruf geraten waren, nutzten die Krise als Chance. Gerade in Österreich führte der Skandal zu einer revolutionären Umstellung. Man konzentrierte sich auf trockene Qualitätsweine und einen Fokus auf Terroir und Herkunft. Dieser Qualitätsgedanke setzte sich durch und verhalf dem österreichischen Wein zu einem neuen und viel besseren Ruf. Es dauerte aber einige Jahre, bis sich die Umsätze wieder erholten und das Vertrauen zurückgewonnen war. Genaue Jahreszahlen für eine vollständige prozentuale Erholung der Exportwerte sind schwierig zu finden, da dies ein schleichender Prozess war, der von vielen Faktoren abhing. Aber es wird oft betont, dass die Qualitätsoffensive ab den späten 80ern und 90ern Früchte trug und Österreich heute als eines der spannendsten Weinländer gilt.
Detlevs Fazit: Aus Fehlern lernen – für mehr Genuss im Glas!
Dieser Skandal war eine Katastrophe, keine Frage. Aber er war auch ein Katalysator für positive Veränderungen. Er hat dazu geführt, dass Wein heute sicherer und transparenter ist als je zuvor. Die Winzer mussten beweisen, dass sie ihr Handwerk verstehen und mit Leidenschaft ehrliche Produkte erzeugen. Und das haben sie getan!
Nur es werden immer noch von damals Weine im Internet angeboten, aus diesem Grunde seid vorsichtig mit "Alten Weinen" die aus dieser Zeit stammen. Immer vorher im Netz nachschauen, bzw. lieber nur bei renomierten Vertreibern einkaufen. Wein von Privat auf diversen Plattformen lieber meiden.
Wenn ihr heute ein Glas Wein genießt, könnt ihr euch sicher sein, dass dahinter strenge Kontrollen und das Engagement von Winzern stecken, die ihre Arbeit lieben. Und das ist doch eine schöne Botschaft, oder?
In diesem Sinne: Auf ehrlichen Wein und ein Hoch auf die Transparenz!
Euer Detlev, der Weinflüsterer. 🍷✨
Inhaber vom gandeshop.de
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