Der Weinflüsterer auf wilden Wegen: Die Magie wurzelechter Reben aus Chile


Der Weinflüsterer auf wilden Wegen: Die Magie wurzelechter Reben aus Chile

Hallo, liebe Weinfreunde👋 Detlev ist zurück und hat eine Story im Gepäck, die so tiefgründig ist wie die Wurzeln der Rebstöcke, um die es heute geht. Vergesst alles, was ihr über konventionellen Weinbau wisst, denn heute reisen wir ins wilde, ungezähmte Chile, um ein Weingut zu entdecken, das nicht nur Wein herstellt, sondern ein Stück Geschichte in Flaschen füllt. Bereitet eure Gläser vor, denn das wird ein Bericht mit Herz, Seele und ein paar überraschenden Erkenntnissen. 🍷✨

Ein Wein, der Geschichte atmet: Die Wurzel der Wildmakers-Story

Die Geschichte von Wildmakers aus Chile ist untrennbar mit einem der dramatischsten Ereignisse in der Welt des Weinbaus verbunden: der Reblaus-Apokalypse des 19. Jahrhunderts. Was heute fast vergessen ist, war damals eine Katastrophe epischen Ausmaßes. Ein winziges, lausartiges Insekt namens  

Phylloxera wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts aus Nordamerika nach Europa eingeschleppt und löste eine Schockwelle aus, die den globalen Weinbau für immer veränderte.

Der Große Schrecken der Reblaus-Apokalypse

Die europäischen Weinreben der Art Vitis vinifera waren gegen diesen heimtückischen Schädling völlig wehrlos. Die Reblaus befällt die Wurzeln der Rebstöcke, injiziert ein giftiges Sekret und verhindert so, dass sich die Wunden schließen. Das Resultat war ein flächendeckendes, schleichendes Rebsterben. Was als vereinzelte Fälle in der südlichen Rhône begann, breitete sich mit alarmierender Geschwindigkeit über den gesamten Kontinent aus. Innerhalb weniger Jahrzehnte wurden bis zu 90 % der europäischen Weinberge zerstört, in Frankreich allein fielen zwei Drittel aller Rebstöcke der Seuche zum Opfer. Ganze Regionen, deren Wirtschaft und Kultur vom Weinbau abhingen, sanken in Armut. 

Winzer versuchten mit allen erdenklichen, oft bizarren Methoden, der Plage Herr zu werden. Sie fluteten ihre Weinberge, bepflanzten nur noch sandige Böden, in denen die Reblaus nicht gedeihen konnte, oder gruben lebende Kröten unter die Reben, in der Hoffnung, sie würden das „Gift“ herausziehen. All diese verzweifelten Versuche waren jedoch zwecklos. Die Rettung kam schließlich durch die Amerikaner, von denen die Plage ursprünglich eingeschleppt worden war. Die Lösung bestand darin, die europäischen Edelsorten auf die widerstandsfähigen Wurzeln amerikanischer Wildreben zu veredeln. Diese Methode, das Pfropfen, wurde zum globalen Standard und ist bis heute die einzige universell anerkannte Methode, um die Reblaus zu bekämpfen. Diese „schmerzhafte Revolution“ hat dem heutigen Weinbau sein Gesicht gegeben und eine grundlegende Trennung zwischen der Zeit vor und nach der Reblaus geschaffen. 

Chiles magische Isolierung: Ein Hort des Erbes

Die Geschichte von Wildmakers beginnt mit einer geografischen Besonderheit, die Chile zu einem der wenigen unberührten Zufluchtsorte für die europäische Rebsorte machte. Das Land ist durch natürliche Barrieren wie die majestätischen Anden im Osten, den Pazifischen Ozean im Westen und die Atacama-Wüste im Norden perfekt vom Rest der Welt isoliert. Diese einzigartige geologische Beschaffenheit schuf eine Art natürliche Quarantäne, die verhinderte, dass die Reblaus jemals chilenischen Boden erreichte.

Dies machte Chile zu einem lebenden Museum der Weinbaugeschichte. Hier überlebten einige der ältesten wurzelechten (ungepfropften) Reben der Welt. Die Gründer von Wildmakers, José Miguel Sotomayor und Luca Hodgkinson, haben diese lebendige Geschichte nicht nur erkannt, sondern ihre gesamte Philosophie darauf aufgebaut, dieses unschätzbare Erbe zu bewahren. Sie arbeiten mit uralten Weinbergen in den Regionen Maule und Itata , die teilweise seit Jahrhunderten existieren und deren Wurzeln so tief sind, dass sie eine direkte Verbindung zur Vergangenheit herstellen. Ihr Ziel ist es, dem Weinbau Chiles eine authentische Identität zurückzugeben, die sich von den modernen, veredelten Weinen unterscheidet.

Die Philosophie der Wildmakers: Wo Natur auf Handwerkskunst trifft

Der Name „Wildmakers“ ist kein Zufall, sondern das Herzstück der Philosophie von José Miguel Sotomayor und Luca Hodgkinson. Er steht für die ungezähmte, natürliche Essenz, die sie in ihren Weinen einfangen möchten. Nach Jahren im konventionellen Weinbau haben die beiden Freunde beschlossen, zu den Wurzeln des Handwerks zurückzukehren und einen authentischeren Weg zu gehen.  

Handwerkliche Prozesse: Minimalismus für maximalen Geschmack

Wildmakers verfolgt einen minimalinvasiven Ansatz, der sich auf organische und biodynamische Praktiken stützt. Sie verzichten auf aggressive Operationen, wie etwa Kryo-Extraktion, Osmose oder sterile Filtration, die die Individualität des Weines verwässern könnten. Stattdessen vertrauen sie auf die Kraft der Natur. Die Böden in ihren Weinbergen werden nur einmal im Jahr leicht gepflügt, und sie setzen auf eine spontane Begrünung, die die Gesundheit des Bodens fördert. Auch bei der Fermentation gehen sie zurück zu den Ursprüngen: Sie verwenden ausschließlich wilde, autochthone Hefen.

Ein zentrales Element ihrer Arbeitsweise ist die Abkehr von modernen Materialien wie Edelstahl. Stattdessen nutzen sie traditionelle Gefäße wie Tonamphoren, Beton und alte Eichenfässer, um die Weine zu vergären und auszubauen. Diese Materialien sind nicht einfach nur Behälter; sie ermöglichen es, den natürlichen Charakter und die feinen Nuancen der Trauben zu bewahren. Das Ergebnis ist ein Wein, der nicht nur den Ort, sondern auch die Geschichte des Bodens widerspiegelt. 

Wurzelecht: Der Geschmack des Terroirs ohne Filter

Der wohl faszinierendste Aspekt der Wildmakers-Weine ist ihre Herkunft von wurzelechten Rebstöcken. Diese alten, ungepfropften Reben sind nicht nur botanische Raritäten, sie sind der Schlüssel zu einem einzigartigen Geschmacksprofil, das die beiden Winzer in ihrer reinsten Form zum Ausdruck bringen möchten. 

Die Magie der tiefen Wurzeln

Wurzelechte Rebstöcke haben über Jahrzehnte hinweg tiefe Wurzeln in den Boden getrieben, oft über dreißig Jahre oder älter. Dieses tiefe Wurzelwerk verschafft den Reben Zugang zu reichhaltigeren Mineralien und Wasserreserven aus den untersten Bodenschichten. Dies macht die Rebstöcke widerstandsfähiger gegen Trockenperioden und extremere Wetterbedingungen und verleiht dem Wein eine besondere Komplexität und ein unverwechselbares, terroir-geprägtes Profil. Ein Wein von wurzelechten Reben ist somit eine direkte Verbindung zum Boden, eine Art „Terroir-Teleporter“, der die Essenz des Bodens ohne Umwege in die Flasche bringt.

Der Geschmacksunterschied: Pfropfen als Filter?

Einige Weinexperten vertreten die Ansicht, dass die amerikanischen Unterlagen, auf die die europäischen Reben gepfropft wurden, wie ein Filter wirken. Sie würden die direkte Verbindung zwischen der Rebe und den tiefen Bodenschichten unterbrechen. Das Resultat sei, dass der Wein zwar reblausresistent, aber im Ausdruck des Terroirs eingeschränkter sei.

Im Gegensatz dazu werden Weine von wurzelechten Reben als "sehr fein, wie eine Wolke" beschrieben, mit "großer Reintönigkeit" und floralen Aromen von Veilchen und Rosen. Das Fehlen der pfropfbedingten "Barriere" ermöglicht eine Sapidität und Salinität, die in den Weinen spürbar ist. Die Tannine sind oft feiner und geschmeidiger, und der Wein wirkt insgesamt präziser, frischer und lebendiger. Ein weiteres bemerkenswertes Merkmal ist, dass wurzelechte Reben tendenziell weniger Zucker in den Trauben anreichern, was zu Weinen mit einem etwas geringeren Alkoholgehalt führt. 

Die folgende Tabelle fasst die Unterschiede zwischen Weinen von gepfropften und wurzelechten Rebstöcken zusammen, wie sie in der Weinwelt diskutiert werden:

MerkmalGepfropfte RebstöckeWurzelechte Rebstöcke
TannineBreiter, manchmal rustikalerFeiner, geschmeidiger, weicher
Säure/pH-WertTendenz zu höherem pH-WertNiedrigerer pH-Wert, höhere, lebendigere Säure
Farbe & DichteOft intensiver und dichterEtwas leichter und flüssiger
GeschmacksprofilStark von der Rebsorte geprägtDeutlicher Ausdruck des Terroirs, mit floralen und mineralischen Noten
Sapidität/SalinitätWeniger ausgeprägt

Deutlich spürbar, verleiht dem Wein Energie   

ErtragOft höher

Geringer, aber konzentrierter   

Das Portfolio der Wilden: Eine sensorische Entdeckungsreise

Wildmakers arbeitet mit einer Reihe von Rebsorten, die die chilenische Weinbaugeschichte widerspiegeln, darunter País, Cariñena (Carignan), Cinsault, Garnacha und Muskateller. Das Weingut widmet sich der Wiederbelebung dieser alten Rebsorten und der traditionellen Anbaumethoden. 

Wildmakers-Portfolio im Überblick

WeinRebsortenProduktion & AusbauGeschmacksprofil
TelúricoCariñenaVinifizierung mit wilden Hefen, Ausbau in Amphoren und alten Eichenfässern

Intensiv, erdig, voluminös    

País de Comavida75% País, 25% GarnachaAusbau in Tonamphoren für 10 Monate

Vibrante Säure, Länge und Tiefe  

SabáticoCariñena & Garnacha

Von über 100 Jahre alten Reben, Ausbau in gebrauchten französischen Eichenfässern und Amphoren   

Reife, saftige Aromen, süße Frucht, weiche Tannine 

Brisas CinsaultCinsaultOhne Holzausbau, um die Frucht zu bewahren

Viel rote Frucht und Energie, saftiger Abgang 

Brisas OrangeMuskateller von AlexandriaHerstellung wie ein Weißwein, aber mit längerer Maischestandzeit auf den Schalen

Orangen- und Kräuternoten, viel Frische und Mineralität    

Detlevs Verkostungsnotizen: Wie die Wilden schmecken

Ein Schluck des Wildmakers Telúrico ist eine Reise in die Maule-Region. Die Cariñena-Traube von über 120 Jahre alten Reben bringt eine tiefe, erdige Komplexität mit sich. Das ist kein moderner Kraftprotz, sondern ein Wein mit Charakter und Seele, der die Energie des Bodens, wie es in der Beschreibung heißt, zum Ausdruck bringt.  

Der País de Comavida zeigt, wie die traditionelle chilenische Rebsorte País durch die Zugabe von Garnacha veredelt wird. Der Wein ist nicht nur fruchtig, sondern bekommt eine "vibrante Säure" und eine beeindruckende Länge, die ihn über den simplen Durstlöscher hinaushebt. Der Ausbau in Tonamphoren sorgt dabei für eine besondere Reinheit, ohne die störenden Aromen von neuem Holz. 

Mit dem Sabático erleben Weinfreunde eine kraftvolle Mischung aus Cariñena und Garnacha, die von uralten Rebstöcken stammt. Er wird als "reif und saftig" mit "weichen und runden Tanninen" beschrieben, die für ein angenehmes Mundgefühl sorgen. Dieser Wein ist ein perfektes Beispiel dafür, wie die Kombination von alten Reben und minimalen Eingriffen zu einem tiefgründigen, harmonischen Ergebnis führen kann.  

Für all jene, die es frisch und unkompliziert mögen, ist der Brisas Cinsault eine Offenbarung. Ohne Holzausbau kommt die pure, unverfälschte Frucht der Cinsault-Traube zum Vorschein. Er wird als "reiner Fruchtsaft" und "gefährlich einfach zu trinkender Wein" beschrieben, der voller roter Früchte und lebendiger Energie steckt. Ein idealer Begleiter für einen entspannten Sommerabend. 

Fazit: Detlevs Flüstertipp zum Abschluss

Wenn wir die Geschichte der Reblaus und die geografische Einzigartigkeit Chiles betrachten, wird klar, warum Wildmakers mehr als nur ein Weingut ist. José Miguel Sotomayor und Luca Hodgkinson sind die Hüter eines vitikulturellen Erbes, das an vielen Orten der Welt längst verloren gegangen ist. Sie zeigen, dass der wahre Geschmack eines Weines nicht in der Technik, sondern in der ungestörten Verbindung zwischen Rebe und Boden liegt.   

Ihre Weine sind eine Einladung, den „wilden“ und ursprünglichen Geschmack zu entdecken, den nur wurzelechte Rebstöcke bieten können – eine Geschmackserfahrung, die vor über 150 Jahren das letzte Mal in Europa weit verbreitet war. 

Wildmakers ist ein Pflichtprogramm für jeden, der verstehen möchte, wo Wein eigentlich herkommt. Es ist eine Flasche voll Geschichte, Leidenschaft und unverfälschter Natur. Probier mal so eine "wilde Wurzel-Flasche" – du wirst es nicht bereuen. 🍷🍇✨ 

Das sind keine Weine für Langweiler. Das sind Weine für Abenteurer und für diejenigen, die das Echte suchen. Das, was man eben nicht überall findet. Wenn euch die Suche nach dem Besonderen genauso reizt wie mich, dann schaut doch mal in meinem Shop vorbei. Wir haben auch ein paar Raritäten und außergewöhnliche Weine im Angebot! 👉 Seltene Tropfen für echte Weinfans!

So, das war's von mir! Auf die Magie in der Flasche und die wilden Wurzeln Chiles! Salud! 🥂

Detlev, Euer Weinflüsterer

Inhaber vom gandeshop.de



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